„Ready for Strategy“ – Wie kommen wir zu einem Strategieprozess, der den Anforderungen des Wandels gerecht wird?
Nicht nur die Themen unserer Reihe drehen sich rund um Transformation, sondern auch unser Event selbst macht in Corona-Zeiten transformative Prozesse durch: Dieses Mal haben sich knapp dreißig Führungskräfte aus dem DACH-Raum online zum Thema „Wie kommen wir zu einem Strategieprozess, der den Anforderungen des Wandels gerecht wird?“ ausgetauscht. Die Beiträge der Referenten nahmen Impulse aus dem Value Investment, Innovationsprozessen und agiler Strategiearbeit auf. Ein spannender Nachmittag, der trotz Online-Meeting flugs vorbei war und inspiriert hat. Nachfolgend ein kleiner Einblick in die inhaltlichen Kernpunkte der Referenten – viel Spaß beim Lesen!
Unternehmen wertvoller machen – Value-orientierte Strategieentwicklung
Was haben Investoren mit Strategieentwicklung zu tun? Die Antwortmöglichkeiten liegen in einem Spektrum von „alles bis nichts“. Wenn man Bernd Postai, Geschäftsführer von Poesis Consulting fragt, dann lautet die Antwort „alles“, denn er hat einen speziellen Investor im Blick: den Value Investor. Diese Art von Investor investiert langfristig in Firmen und wählt sie aus, weil er den Wert (= value) des Unternehmens versteht und bewerten kann. Zu seiner Entscheidung kommt dieser Investor, weil er das Geschäftsmodell und die wichtigsten Eckpfeiler eines Unternehmens analysiert und bewertet. Nach Bernd Postai sind das die sechs Dimensionen Management, Finanzen, Marktattraktivität, Wettbewerbsposition, Mitarbeiter, und Eigentümer/ Corporate Governance. Ein solches Value-Investment ist also langfristig und nachhaltig ausgelegt, basiert auf Fakten und Wissen. Was wäre, wenn man diesen Ansatz auch in der Strategieentwicklung anwendet? Was würde das bedeuten, nachhaltig eine Strategie zu entwickeln, die eine Value-Investor-Perspektive einnimmt?
Es bedeutet eine ganz Menge, aber zuvorderst bedeutet es, in der Strategiearbeit die richtigen Fragen zu stellen. Nämlich: Wie machen wir unser Unternehmen langfristig wertvoller? Wie generieren wir zukünftig Wert? Wo stehen wir als Unternehmen, wenn wir uns die sechs Value-Dimensionen anschauen? Wie sind wir beispielsweise mit Blick auf die Dimension Wettbewerb aufgestellt? Haben wir einen „Burggraben“, der Wettbewerber daran hindert, uns unser Geschäft strittig zu machen? Würde ich in unser Unternehmen investieren?
Bernd Postai stellt uns hierzu das Value-Strategy Framework vor, das dabei hilft, alle wichtigen Fragen zu stellen und dann entscheiden zu können: Das sind sie Aspekte, die wir in unserer Strategie (=ein kohärentes Konzept zur Sicherung der Unternehmenserfolgs) berücksichtigen müssen. Das Framework liefert also nicht die Strategieinhalte, es identifiziert die richtigen Ansatzpunkte für die Strategie. Und die richtigen Fragen zu stellen, ist, auch laut Albert Einstein, immer noch der beste Weg zu einer richtigen Lösung zu kommen.
Mut zur Innovation – wie sichere ich die Zukunft meines Unternehmens?
Maria Seifert-Gasteiger beschäftigt sich in ihrer Rolle als Chief Innovation Officer bei weXelerate, Österreichs größtem Open Innovation Hub, tagtäglich mit dem Thema „Innovation“. Umso spannender fanden wir, ihr die Frage zu stellen: Wie kann man einen Strategieprozess innovieren? Lassen sich Elemente eines Innovationsprozesses auch auf einen Strategieprozess übertragen?
Sie gab uns hierauf eine sechsteilige Antwort: Erstens, kürzere Strategiezyklen sind sinnvoller, da es kaum möglich ist, fünf Jahre in die Zukunft zu planen. Hier liegt das Prinzip des Rapid Prototyping aus der Innovationswelt zugrunde. Zweitens, mehr Eigenverantwortung auf beitragende Teams zu verteilen, fördert die Anteilnahme der Mitarbeiter; vergleichbar mit dem Mikro-Teams-Ansatz. Drittens, das Top Management muss hinter den strategischen Themen stehen und dies regelmäßig zum Ausdruck bringen, also Leadership leben. Viertens, eine offene Unternehmenskultur fördert die Strategiearbeit. Fünftens, die Mitarbeiter müssen befähigt werden, die Auswirkungen von Umweltveränderungen zu verstehen und neue Systeme zu nutzen, zum Beispiel im Zusammenhang mit der Digitalisierung der Arbeitswelt. Sechstens, Veränderung wird antizipiert und in die Arbeitsweise integriert beispielsweise entwickelt man mehrere Szenarien in der strategischen Konzeption. Diese sechs Elemente eines „normalen“ Innovationsprozesses lassen sich gut auf das Strategiefeld übertragen und können einen erfolgreichen Strategieprozess schaffen.
Agile Strategiearbeit am Beispiel OMICRON
Wie kann man der Strategiearbeit neben dem Tagesgeschäft genügend Aufmerksamkeit schenken und gleichzeitig die Mitarbeiter miteinbeziehen? Die Antwort auf diese Frage und Einblicke in den Strategiealltag gab uns Herwig Ferstl, Strategieverantwortlicher bei OMICRON.
Die Strategiearbeit bei OMICRON orientiert sich an der SCRUM-Methodik und läuft in Zyklen von vier Monaten ab; dann wird innegehalten, reflektiert und evaluiert. Stimmt der Kurs, dann wird in den nächsten viermonatigen Sprint gestartet – stimmt er nicht, dann werden die Aufgabenpakete und Initiativen adaptiert, um dann in den nächsten Sprint zu starten. Was folgt daraus? Ein Strategieprozess, der sich schnell an wandelnde Rahmenbedingungen anpassen und auf Veränderungen im Unternehmen reagieren kann.
Und wie kann man alle Mitarbeiter für strategische Themen begeistern? Herwig Ferstl hat auch hier eine Antwort parat: Es wird darauf geachtet, strategische Themen auf breiter Basis möglichst klar und verständlich zu kommunizieren und alle, die sich dafür interessieren, zur Mitarbeit bei strategischen Initiativen einzuladen. Durch monatlich stattfindende Standups und die viermonatigen Review-Meetings erfolgt eine hohe Transparenz und Anteilnahme an den strategischen Initiativen.
Diese kurzen Strategiezyklen, regelmäßigen Meetings und klare Verantwortlichkeiten verursachen zweierlei: Das Gefühl, dass bei der Strategiearbeit etwas „vorwärts geht“ und dadurch eine höhere Motivation und Mitarbeit aller bei Strategiethemen. Und zweitens, die Erkenntnis, dass Strategiearbeit Spaß macht und den Alltag verändert! Dies gelingt nur wenigen Unternehmen und wir freuen uns daher besonders, dass wir hierzu berichten konnten.