Auf die Frage „Was löst Strategiearbeit beim Einzelnen aus und wie unterstützen wir diesen Prozess?“  haben wir während unserer vierten Veranstaltung in der Ready-for-Strategy-Reihe eine dreifache Antwort unserer Speaker erhalten: Empathie und Reflexion, Unternehmenskultur, Kenntnis und Berücksichtigung psychologischer Aspekte beim gemeinsamen Arbeiten. Nachfolgend ein kleiner Einblick in die spannenden Vorträge von Dr. Claus Lamm (Universität Wien), Dr. Franziska Kluttig (Bayernwerk AG) und Dr. Juliane Marold (Poesis Consulting).

Dr. Claus Lamm – Vom Verstehen des Anderen: Empathie und Altruismus aus neurowissenschaftlichen Perspektiven

Neurowissenschaftlich betrachtet ist der Mensch zu verschiedenen Reaktionen in Bezug auf Andere fähig. Man darf sich das wie ein Kontinuum vorstellen, das von der Nachahmung über emotionale Ansteckung zu Empathie zu Mitgefühl und schlussendlich prosozialem Verhalten reicht. In komplexen Situationen, wie beispielsweise Strategiearbeit in einem Unternehmen, sind diese Reaktionen sehr wichtig. Sie bestimmen, inwieweit wir fähig sind die Gedanken der anderen nachzuvollziehen und sie zu unterstützen. Insbesondere die Empathie spielt hier eine Schlüsselrolle, denn sie ist die Reaktion, die uns „in die Schuhe des anderen schlüpfen“ lässt und aus welcher altruistische Handlungen folgen, beispielsweise das übergeordnete Ziel einer Strategie zu verfolgen. Der „Grad der Empathie“ hängt dabei stark mit der Bindung zu „den Anderen“ zusammen. Diese Bindung wird durch die empfundene Ähnlichkeit mit der Gruppe beeinflusst. Je stärker die empfundene Ähnlichkeit, desto höher die Bindung und damit auch die Empathie. Klingt recht einfach bis hierher.

Aber auch hier gibt es ein „Aber“: Dr. Claus Lamm erläutert, dass zu viel Empathie mit Anderen in einer unangenehmen Situation sich als „Distress“, als Bedrängnis, für den Empfindenden auswirkt und zu einer emotionalen Distanzierung, sozusagen einem Fluchtreflex führt. Als Beispiel hierfür nennt Claus Lamm das Vermeiden von Augenkontakt in einem unangenehmen Gespräch, oder das „Augen-schließen“ in Szenen von Filmen, die wir nicht ertragen können. Dies kann in jedem Kontext passieren und dämpft unser altruistisches Handeln. Sind wir als Menschen dann überhaupt zu altruistischem Handeln fähig? Ist der Mensch Altruist oder Egoist? Die Antwort lautet: Sowohl als auch. Beeinflussen lässt sich unsere Reaktion durch unsere Sozialisierung, Normen, Moral und Ethik. Deswegen benötigt eine Transformation (auch eine strategische) die Einbettung in die individuelle und sozial-kulturelle Welt des Einzelnen. Genauso kann der Einzelne durch Reflexion der eigenen emotionalen Reaktion einen Beitrag leisten. So kann ein kooperatives, mitfühlenderes Handeln entstehen.

Dr. Franziska Kluttig – Culture is the new strategy! Warum Transformationen ohne Herzarbeit scheitern

Unternehmenskultur als Treiber für Transformation – das ist die Kernbotschaft von Franziska Kluttig. Warum sagt sie das? Aufgrund der vielen strategischen Initiativen und Veränderungsmaßnahmen, die nach der Konzeption durch die Unternehmenskultur blockiert werden. Eine Strategie muss innerhalb einer Kultur entstehen und den Werten dort entsprechen (siehe Vortrag von Dr. Claus Lamm), ansonsten wird sie nicht umgesetzt. Als Unternehmenskultur beschreibt Franziska Kluttig „die Summe aller Gewohnheiten“ in einem Unternehmen, oder „Alles, was gemacht werden darf, ohne bestraft zu werden“. Das konkurrierende-Werte-Modell von Kim Cameron und Robert Quinn liefert ein Muster, um die eigene Kultur zu beschreiben: In einem Vier-Quadranten-Diagramm mit den gegenläufigen Achsenausprägungen Interner Fokus – externer Fokus (x-Achse), Flexibilität, Ermessen – Stabilität, Kontrolle (y-Achse) kann die eigene Unternehmenskultur skizziert werden. So beschreibt man beispielsweise den Ist-Zustand einer Kultur. Für eine großflächige Veränderung, eine Transformation braucht es oft eine adaptierte Unternehmenskultur, eine Soll-Kultur. Genau mit diesem Gedanken beschäftigen sich zu wenige Unternehmen. Erst mit dieser Soll-Kultur können auch die Initiativen greifen. Franziskas Appell an uns: Es lohnt sich, die heutige Unternehmenskultur genau zu beschreiben und zu verstehen und zu überlegen, was sich an der Unternehmenskultur ändern muss, damit Veränderungen geschehen können.

Dr. Juliane Marold – Strategiearbeit und der Einzelne: Gehirn, Herz und so viel mehr

Strategiearbeit ist besonders. Sie fasziniert, weil man neu denken und in Frage stellen darf und sie fordert heraus, denn man muss viel leisten: Das Unternehmen bewerten, in die Zukunft blicken, mitgestalten und Vorschläge entwickeln, Unbeteiligte involvieren und noch viel mehr. In ihrem Vortrag spannt Dr. Juliane Marold für uns den Bogen von der Strategiearbeit zu psychologischen Aspekten des Einzelnen. Der Einzelne bringt in die Strategiearbeit viel Wissen mit und unterliegt, wie jeder Mensch, auch jeder Menge „Biases“ oder Irrtümer. Irren ist menschlich und deswegen sollte man sich über dieses menschliche Irren Gedanken machen. In der Phase der Informationssammlung und dem Verständnis der Ausgangslage in der Strategiearbeit greift ein kognitiver Bias: Wir nehmen Inhalte verschieden wahr. Menschen nehmen Informationen nicht nur unterschiedlich war, sondern erinnern sich auch an verschiedene Sachen. Der unterschiedlichen Wahrnehmung kann durch beispielsweise das explizite Nennen von Annahmen oder die Perspektivenübernahme entgegengesteuert werden. Das Zusammenfassen von Inhalten und deren Strukturierung erleichtert uns die Erinnerung daran. So gibt es in jeder Phase der Strategiearbeit (Optionen entwickeln, Alternativen bewerten, Entscheidungen treffen) verschiedene „psychologische Stolpersteine“, die wir reflektieren und in der gemeinsamen Arbeit berücksichtigen müssen.

Ganz grundlegend beschreibt Juliane Marold zwei Elemente als äußerst relevant für die Strategiearbeit: Involvement und Psychological Safety. Involvement kann durch die Bedeutsamkeit, Sichtbarkeit und Schwierigkeit der Aufgabe beeinflusst werden. Das Konzept der psychologischen Sicherheit bedeutet eine Arbeitsatmosphäre zu schaffen, in der sich Menschen angstfrei ausdrücken können und dabei schadlos sie selbst sein dürfen. Dazu können ganz verschiedene Methoden und Ansätze beitragen. Den richtigen Methoden-Werkzeugkoffer für das eigene Unternehmen zu finden, ist dabei die Herausforderung.

Save-the-date für unsere nächste Veranstaltung

In unserem diesjährigen Special (01.10.2021) werden wir uns an einer besonderen Location mit dem Thema „Responsible Ownership“ beschäftigen. Weitere Informationen zu unserer Workshopreihe und zur Anmeldung zu unserer nächsten Veranstaltung finden Sie auf unserer Homepage:

www.get-transformation-done.net

Wir freuen uns auf Ihre Teilnahme!

Kontakt.

Bei Fragen zur Veranstaltungsreihe stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.


Lena Dengler, M.Sc.
Management Consultant.

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