"Strategie entwickeln - wann, wenn nicht jetzt?"

„Die Wirtschaft“ im Gespräch mit Mag. Bernd Postai, Geschäftsführer von Poesis Consulting, über moderne Strategiearbeit und die Frage, warum es gerade jetzt eine Veranstaltungsreihe zum Thema Strategie braucht.

Herr Postai, warum lohnt es sich gerade derzeit, einen erneuten Blick auf das Thema Strategie zu werfen?

Strategie ist für jedes Unternehmen ein Thema, mit dem man sich laufend beschäftigen muss. Dass das insbesondere an Wendepunkten große Bedeutung hat, versteht sich von selbst. Heute weniger als noch vor zwei, drei Monaten muss man niemandem erklären, dass wir an einem solchen Wendepunkt sind. COVID-19 hat das überdeutlich gezeigt. Es ist ein Gebot der Stunde, dass sich ein Unternehmen die Frage stellt, wie die eigene Reise weitergehen kann. Wenn man das Boot an der falschen Stelle wassert oder wenn man den Zug versäumt, dann kommt man entweder sehr schnell weiter oder man bleibt liegen. Genau dieses Risiko besteht aktuell.

Was ist an Ihren Inhalten anders als an den tausenden Büchern zu Strategie? Haben Sie einen anderen Blick auf das Thema wie die umfassende Literatur dazu?

Es geht nicht zwingend um anders. Jedenfalls ist anders nicht unser Ziel. Stattdessen möchten wir eigentlich dabei helfen das, was es an theoretischen Überlegungen gibt, in einen praktischen Zugang zu übersetzen, sodass Unternehmen mit den Anforderungen der Strategieentwicklung dann zurechtkommen. Und jede Zeit stellt andere Fragen, ein Buch ist per se immer aus der Perspektive der Vergangenheit geschrieben. Wir brauchen aber Antworten, die nach vorne gerichtet sind. Genau da setzen wir mit unserer Veranstaltungsreihe „Get Transformation Done“ an.

Was ist für Sie das Herzstück einer Strategie?

Das Herzstück einer Strategie ist aus meiner Perspektive eine faktenbasierte Vorstellung davon, wie die Welt sich entwickeln könnte. Also etwas, das über reine Spekulation hinausgeht. Ein Bild der Welt, in der diese Entwicklungslinien und ihre Bedeutung auch schon bestimmte Proportionen angenommen haben, auf die hin man sich auch entsprechend ausrichten kann. Ein Unternehmen hat dann die Möglichkeit, die eigene Position in dieser Welt zu beschreiben. Dabei sollte ein klares Bild entworfen werden, wie in dieser Welt Geld verdient werden wird. Und wie diese Position, die man da einnehmen will, diese Rolle, die man da spielen will, auch erzielt und erreicht werden kann.

Was ist aus Ihrer Erfahrung die häufigste Fehlinterpretation des Begriffs „Strategie“?

Strategien weisen oft eine Schieflage auf. Das heißt, sie werden oft aus der Perspektive des Themas geschrieben, das momentan am meisten drängt, das am meisten unter den Nägeln brennt. Aktuell kann man das wunderbar beobachten, indem eben sehr viele Strategien auf den Aspekt der Digitalisierung und vielleicht bald auf die Auswirkungen der Corona-Krise abstellen. Das ist nicht falsch, aber es ist eben dann ein Problem, wenn links und rechts nicht entsprechend ausbalanciert wird. Und wenn man nur auf das fokussiert, was im Moment am meisten Aufmerksamkeit fordert. Ein anderer Aspekt ist, dass man Strategien oft als den kleinsten gemeinsamen Nenner derjenigen formuliert, die am Strategieentwicklungsprozess beteiligt sind. Es ist wichtig, dass man ein breites Spektrum von Menschen in einen solchen Prozess integriert, um möglichst viele unterschiedliche Perspektiven auf das Thema zu entwickeln. Aber es ist falsch, die Strategie als den gemeinsamen Nenner zu bilden, der allen gefällt, die in den Prozess involviert sind. Die Strategie muss auf den Markt, auf die zukünftige Entwicklung gerichtet sein und muss vor allem daran gemessen werden. Und das kann dann auch dazu führen, dass Entscheidungen zu treffen sind, die sich gegen die individuellen Interessen einzelner Teilnehmer am strategischen Prozess richten.

Was braucht es Ihrer Meinung nach, um eine Strategie erfolgreich umzusetzen?

Es wird oft sehr viel Geld, Ausdauer und Energie investiert in die Entwicklung der Strategie im engeren Sinn. In die Entwicklung der Unterlage, in das Paper, das man dann herzeigen kann, in die Präsentation. Sehr oft beobachten wir, dass dabei die Umsetzung bewusst ausgeklammert wird. Für die Umsetzung, für den Change, für das, was wirklich Aufmerksamkeit und Anstrengung kostet werden dann oft die Mittel nicht mehr freigemacht. Wenn das nicht passiert versanden die Projekte, Menschen verlieren den Spaß an den Themen und die Strategie entwickelt nicht die Wirkmächtigkeit, die man sich erhofft hat. Das ist oft völlig verquer, die Energie wird gleichsam darauf verwendet, ein Ziel mit dem Finger auf der Landkarte zu suchen. Das Ziel erreichen wird man aber nur, wenn man aber auch den Koffer packt, ein Zugticket kauft, ein paar Brocken der Landessprache kann, zum Bahnhof fährt und so weiter.

Wie setzen sie den erforderlichen, steten Strategiewandel in Ihrem Unternehmen um?

Wir versuchen selbstverständlich zu antizipieren, wie sich die Welt entwickelt mit dem Ziel zu klären, welche Wettbewerbsposition wir darin einnehmen wollen. Wir bauen das notwendige Know-how und die Kompetenzen dafür auf, um dann in dem Umfeld auch bestehen zu können und letztlich die Marktleistung abzuliefern, die unsere Kunden brauchen, um Erfolg zu haben.

Kontakt

Mag. Bernd Postai

Partner und Managing Director

Kontaktdaten

+43 5523 69 175
bernd.postai@poesis.at

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